Wohnung vs. Einfamilienhaus

Während die Stadt Altenburg mit überwiegend mehrgeschossiger Wohn- und Geschäftsbebauung urban geprägt ist, präsentiert sich die von uns am letzten Wochenende besuchte Stadt Mössingen im Landkreis Tübingen deutlich ländlicher. Sowohl die Kernstadt Mössingen als auch die Orts- und Stadtteile haben uns mehr an große Eigenheim-Siedlungen denn an historisch gewachsene Städte wie Altenburg oder Tübingen erinnert – und das, obwohl Mössingen rund 200 Jahre vor Altenburg erstmals urkundlich erwähnt wurde.

Im Gespräch mit unseren Freund*innen aus dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Ortsverband Steinlach-Wiesaz haben wir erfahren, dass es mit "schaffe, schaffe, Häusle bauen" nicht getan ist. Es geht nicht nur darum, im eigenen "Häusle" zu wohnen – es sollte schon gerne ein freistehendes "Einfamilienhäusle" und kein Reihenhaus sein – mit ausreichend Abstand zum Nachbarn.

Welche Auswirkungen dies auf die Stadtplanung hat, haben uns Kreisrätin Gabriele Dreher-Reeß und Student Marcel Kretschmann beim Besuch des gescheiterten Bebauungsgebietes an der Federstraße am Ortsrand von Mössingen-Belsen verdeutlicht. Um einen ersten Schritt weg von den flächenintensiven freistehenden Einfamilienhäusern zu tun, war angedacht, auch Mehrfamilienhäuser in dem geplanten Wohngebiet zu bauen. "Ein paar wenige, so alibimäßig, ein, zwei auf zehn Einfamilienhäuser", erinnert sich Marcel Kretschmann. Dass der Bedarf für diese Mehrfamilienhäuser durchaus bestanden hätte, macht Gabriele Dreher-Reeß deutlich. Sie könnte es sich gut vorstellen, mit ihren Mann aus dem mittlerweile viel zu großen "Häusle" in eine schicke (Eigentums-)Wohnung zu ziehen.

Warum das Projekt am Ende trotz Bedarfs und städtebaulicher Vorzüge dennoch gescheitert ist, erklärt Marcel Kretschmann. Gegen Mehrfamilienhäuser in ihrer Nachbarschaft "haben dann spannenderweise die Anwohner protestiert und sich gleichzeitig die Grundstücksbesitzer quergestellt."

Für die Altenburger Grünen-Sprecherin Ilona Jurk zeigt sich hier ein großer Unterschied zwischen der 20.000-Einwohner*innen-Stadt Mössingen im Südwesten der Republik und ihrer 30.000-Einwohner*innen-Heimatstadt in den sogenannten Neuen Bundesländern. "2015 hatten nur 19 Prozent der Haushalte in Altenburg ein eigenes, selbst genutztes Haus oder eine Eigentumswohnung. Die Zahl mag sich mittlerweile um ein, zwei Prozent verschoben haben – bis heute hat Altenburg meines Wissens die niedrigste Wohneigentumsquote unter allen Thüringer Kreisstädten", so Ilona Jurk. "Trotz Abriss und Rückbau in den DDR-Plattenbausiedlungen am Stadtrand haben wir nach wie vor einen Wohnungsüberhang. Was nicht verwundert, schließlich ist die Stadt nach der Wende von einst 55.000 Einwohner*innen auf knapp 30.000 geschrumpft."

Für Pressesprecher Torsten Grieger steht fest, dass in diesem Fall die eher ländlich geprägten Städte nicht nur im Südwesten über kurz oder lang von den urbanen lernen müssen: "Verdichtetes Bauen und Wohnen ist eine der wichtigsten Herausforderungen unserer Zeit. Es bewahrt nicht nur ökologisch wichtige Flächen vor der Versiegelung. Es ermöglich auch umfangreiche energetische Einsparungen und leistet damit einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen die Klimakrise."



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